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Presseerklärung 26.11.2008

Demonstration gegen steigende Mieten: Polizei verbietet Teilstück

- Demonstration darf nicht bis zu den CarLofts

- Verbot symbolisiert skandalös die Abschottung der Eliten

- Wohnungsmarkt ermöglicht Profite auf Kosten vieler Menschen

- "Die Mieten explodieren – wir auch."

Wie bereits angekündigt, ruft ein großes Bündnis städtischer Initiativen für den 29.11. zum Protest gegen die steigenden Mieten in Berlin auf. Unter dem Titel "Hopp Hopp Hopp – Mietenstopp" wird eine Demonstration durch Kreuzberg und Neukölln ziehen. Der Widerstand richtet sich gegen die dramatische Mietentwicklung in der Stadt, die Verdrängung einkommensarmer Menschen aus der Innenstadt, die Vertreibung alternativer Projekte und eine Stadtpolitik, die ausschließlich an den Profitinteressen ausgerichtet ist.

Gestern wurde dem Demonstrationsbündnis von der Polizei mitgeteilt, dass sie das letzte Teilstück der Demonstrationsroute verbieten lassen wird. Dabei handelt es sich um die letzten 100 Meter vor dem angemeldeten Ende der Demonstration, den sogenannten CarLofts an der Ecke Reichenberger Str. / Liegnitzer Str.

Jana Runge vom Demonstrationsbündnis zu dem Teilverbot der Demo: "Wir halten es für einen Skandal, dass das Versammlungsrecht von der Polizei wiederholt mit den Füßen getreten wird. Am Ende der Demo werden wir dann zu sehen bekommen, welche Rolle der Staat in unserer Gesellschaft hat. Das Profitinteresse einiger weniger wird mit allen Mitteln des Rechts und der Polizei vor der Bevölkerung geschützt."

Bei den CarLofts handelt es sich um extrem luxuriöse Eigentumswohnungen. Sie stehen exemplarisch für die Entwicklung im Reichenberger Kiez, wo Menschen mit geringen Einkommen seit einigen Jahren durch die steigenden Mieten flächendeckend vertrieben werden. Gleichzeitig schießen Luxuswohnungen aus dem Boden.

Runge weiter: "Mit diesen Demoverbot soll offensichtlich gleichzeitig ein Stück Zukunft in die Gegenwart geholt werden. Schließlich lautet das Motto der Luxus-Auto-Lofts ja 'Luxus, Komfort und Sicherheit'. Und Sicherheit bedeutet hier anscheinend nicht nur einen Parkplatz für den Luxusschlitten vor dem Schlafzimmer, sondern auch Polizeischutz vor den Protesten wütender Anwohner_innen, private Sicherheitsdienste und Kameraüberwachung."

Wie in den letzten Wochen von der Presse berichtet wurde, nimmt die Mietentwicklung in der Innenstadt drastische Züge an. Gerade in Bezirken wie Kreuzberg oder Neukölln werden die Menschen mit immer höheren Ausgaben für Wohnen konfrontiert. Für viele bedeutet dies zwangsweise den Wegzug aus ihrem Kiez und sozialem Umfeld. Von dieser Entwicklung profitieren in erster Linie die Immobilienfirmen, die großflächig Häuser ankaufen, um dann durch Mieterhöhungen Rendite zu erzielen. Für den Bereich Kreuzberg rechnet die Immobilienbranche etwa mit einer Verdoppelung der Mieten in den nächsten Jahren.

Angesichts der Verschärfung der sozialen Spaltung der Stadt ist die heute stattfindende Veranstaltung "Wohnungsmarkt Berlin. Ein Standortvorteil." der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine rein Provokation. "Wenn hier auf Kosten verdrängter Menschen Standortmarketing für Berlin gemacht wird, dann ist das menschenverachtender Kapitalismus pur", meint Kai Schubert vom Demonstrationsbündnis. "Wer behauptet, der Berliner Wohnungsmarkt sei moderat, hat den Blick für die gesellschaftliche Realität in dieser Stadt komplett verloren."

Die Höhe der Mieten ist zwar absolut gerechnet niedriger als in anderen Städten, im Verhältnis zu den jeweiligen Einkommen allerdings hoch. Schubert: "Berlin ist so gesehen mittlerweile mindestens so teuer wie München. Und überhaupt ist es ein Unding, Wohnen als Renditequelle zu generieren, wenn gleichzeitig Menschen aus ihren Wohnungen zwangsgeräumt werden."

Dem gleichen Denkfehler unterliegt auch Finanzsenator Sarrazin in seiner Reaktion auf einen kürzlich erschienenen Leserbrief im Tagesspiegel. "Jemand der uns auch schon dreist erklärt hat, wie man von Hartz 4 leben soll, lässt sich nun über die angeblich günstigen Mieten aus. Dabei wird übrigens geschickt übergangen, dass die derzeitige Mietpreisentwicklung auch das Ergebnis bewussten politischen Handelns ist, wie zum Beispiel der Privatisierung städtischen Wohneigentums", sagt Rima Bergwitter vom Bündnis.

Mit der Demonstration am kommenden Samstag soll deutlich gemacht werden, dass die Mietsteigerungen ein strukturelles Problem des Wohnungsmarktes sind. "Mit dem zu Hause anderer Leute soll ordentlich Geld verdient werden, das ist die Logik des Marktes" stellt Bergwitter fest. "Doch das geht nicht ohne den Widerstand von unten. Die Mieten explodieren – wir auch."

Im Vorfeld der Demonstration wurde von Aktivistinnen und Aktivisten ein übergroßes Plakat an einer Kreuzberger Hauswand angebracht. Ein Foto ist in druckbarer Qualität vorhanden und kann versendet werden.

Für Freitag, 28.11., lädt das Demonstrationsbündnis zu einem Pressetermin um 13:00 Uhr im New Yorck 59 im Bethanien ein. (Mariannenplatz 2, Eingang Südflügel des Bethanien)

Telefonkontakt: 01520 / 2637666