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Redebeitrag zu Anschutz und O2 auf dem Kiezspaziergang 19.04.08


Wir kommen gerade an einem Kotzbrocken von Gebäude vorbei, das uns als "O2-World" verkauft wird: Die neue Veranstaltungshalle der Anschutz Entertainment Group. Hier sollen ab Herbst diesen Jahres bis zu 17.000 zahlende Gäste reinpassen. Aber natürlich nur, wenn sie 60 oder 80 Euro pro Konzert bezahlen können. Oder 4 bis 500 Euro für die Eishockey-Dauerkarte der Eisbären, die ebenfalls Eigentum von Anschutz sind.

Gerne steckte das Land Berlin noch ein paar Millionen in die Straßen und die Infrastruktur, die rund um die Halle gebaut worden sind. Und das, obwohl es erklärtes Ziel der Anschutz-Arena ist, den städtischen Hallen wie der Max-Schmeling-Halle oder dem Velodrom das Wasser abzugraben, sprich: die Veranstaltungen wegzunehmen. Auf dass die städtischen Hallen immer größere finanzielle Zuschüsse brauchen, während die privaten Gewinne steigen.

Wer oder was ist eigentlich "Anschutz"? Mit der US-amerikanischen Anschutz Corporation machte Philip Anschutz zunächst in Öl, bevor er Bahn- und Telekommunikationsunternehmen aufkaufte. Später wandte er sich der Unterhaltungsindustrie zu, errichtete große Veranstaltungshallen und kaufte dazu passend erfolgreiche Sportmannschaften ein.

Philip Anschutz hat mit seinen Geschäften ein unheimliches Vermögen aufgehäuft - er zählt zu den Multi-Milliardären dieser Welt. Und was macht man, wenn man über so viel Geld und nebenbei noch über ein paar Fernsehsender und Filmgesellschaften verfügt?

Zum Beispiel den Wahlkampf von George W. Bush finanzieren, was anscheinend direkt nach dessen Amtsantritt belohnt wurde: Anschutz bekam lange Zeit umstrittene Ölförderrechte für indianische Gebiete zugesprochen.

Oder: Geld in angebliche Forschungsinstitute stecken, die aber lieber die Idee der Wissenschaft und der bürgerlichen Aufklärung untergraben und statt dessen das "Intelligent Design" propagieren. Christliche Fundamentalisten also, die behaupten, die Erde sei, wie es eben in der Bibel steht, nicht älter als 6000 Jahre und Gott höchstselbst habe die ganzen Dinosaurierknochen verscharrt, um den Glauben der Menschen zu prüfen.

Mit viel Geld kann man aber auch - und das hat Philip Anschutz getan - Volksbegehren unterstützen: Wie im Bundesstaat Colorado, wo die Gruppe "Colorado for Family Values", finanziert von Anschutz, gegen Schwulen und Lesben wetterte und ein Volksbegehren für die Abschaffung von Schutzrechten für Homosexuelle anzettelte.

So waren es auch schwullesbische Organisationen, die in London protestierten, als dort die Anschutz Entertainment Group die Veranstaltungshalle Millenium Dome übernehmen sollte. Inzwischen heißt der Millenium Dome "The O2".

Alles in allem genügend Gründe, um im Herbst, wenn hier in Berlin die "O2-World" eröffnet werden soll, Herrn Anschutz und seinem Unternehmen bei den Feierlichkeiten ordentlich in die Suppe zu spucken, findet ihr nicht?

Quellen:

Kansas University / John H. McCool, Department of History: (Datum des Artikels unbekannt – angegebenes Datum ist das historische Datum, auf das er sich bezieht) The man who "sees arount corners"

Nerve.com / Justin Clark: Citizen Anschutz - How the conservative Christian head of Regal Cinemas is trying to change how you see movies. March 23, 2006

Nerve.com / Justin Clark: The conservative hand of Hollywood March 29, 2006

The Observer / Antony Barnett: US probe into Dome's new owner New Labour hoped it had rid itself of its Greenwich problem child, but its US purchaser has funded anti-gay extremists and his finances are under scrutiny. Sunday June 16 2002

The Independent / Andrew Buncome: Philip Anschutz: The Westerner He has used his wealth to promote his conservative Christian views and to oppose gay marriage Saturday, 8 July 2006

Philip Anschutz im englischen Wikipedia